Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
in diesem Jahr tritt die bundesweite Grundsteuerreform in Kraft. Diese Reform betrifft alle Grundstücksbesitzer in Deutschland – also auch Sie in Witzenhausen. Mit diesem Artikel möchte ich Ihnen die Hintergründe und die Auswirkungen auf unsere Stadt und Ihre persönliche Situation erklären.
Warum gibt es die Grundsteuerreform?
Die Grundsteuer ist eine wichtige Einnahmequelle für die Städte und Gemeinden. Sie finanziert einen Teil der kommunalen Leistungen, wie den Ausbau von Straßen, die Instandhaltung von Schulen und Kitas, die Pflege unserer Grünanlagen und Plätze und die Ausrüstung unserer Feuerwehren.
Das bisherige Berechnungsverfahren der Grundsteuer basiert jedoch auf veralteten Einheitswerten, die teilweise über 50 Jahre alt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass diese Berechnungsgrundlage nicht mehr verfassungsgemäß ist. Daher wurde ein neues System entwickelt, das gerechter, transparenter und moderner sein soll.
Was ändert sich konkret?
Ab 2025 wird die Grundsteuer auf Grundlage aktualisierter Grundstückswerte berechnet. Dabei werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, darunter:
- Die Grundstücksfläche
- Der Bodenrichtwert
- Die Art der Nutzung (z. B. Wohn-, Gewerbe- oder Landwirtschaftsfläche)
In Hessen wird das sogenannte Bundesmodell angewandt. Das bedeutet, dass neben den oben genannten Faktoren auch die Nettokaltmiete bei Mietobjekten eine Rolle spielt. Die Bundesländer nutzen unterschiedliche Modelle.
Wie wirkt sich das auf Witzenhausen aus?
Für Witzenhausen stellt die Grundsteuer eine Einnahme für unsere gesellschaftlichen und rechtlichen Aufwendungen dar. Die Steuereinnahmen aus der Grundsteuer für das Jahr 2023 beliefen sich auf rd. 3,3 Mio. €. Im Gesamtkontext des städtischen Haushaltes bildet die Einnahme damit einen Anteil von rd. 7 % der Erträge ab. Den größten Teil der Erträge wird durch den kommunalen Finanzausgleich, Schlüsselzuweisungen, Einkommenssteueranteile oder der Gewerbesteuer erzielt.
Die Grundsteuerreform selbst ändert an den Gesamterträgen der Stadt erst einmal nichts. Zwischen den Grundstücksbesitzern findet jedoch über die Anpassung des Messbetrages teilweise gravierende Änderungen statt. Besonders die Grundsteuerzahler, die seit vielen Jahrzenten verhältnismäßig wenig Grundsteuer zahlen musste, werden nun mit deutlichen Anstiegen konfrontiert. Durch die Anpassung werden die Grundstücksbesitzer in Witzenhausen etwa hälftig angehoben und abgesenkt. Deutliche Ausreißer sind bei einigen Grundstücksbesitzern erkennbar. Eine Verdoppelung des neuen Messsteuerbetrags steht rd. 1.300 Grundstückseigentümern bevor. In der Auswertung der Grundstücke fällt hierbei insbesondere auf, dass es sich um ältere Wohnhäuser handelt. Dass die Grundstückseigentümer bisher von den niedrigen Einheitswerten Ihres Grundstückes profitiert haben, ist sicherlich ein nur schwacher Trost.
Als grobe Orientierung habe ich in der Analyse aller Grundsteuer feststellen können, dass die für uns typischen Einfamilienhäuser bei Messbeträgen um die 100 durch das Finanzamt eingestuft wurden. Für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern resultiert ein anteiliger Messbetrag von rd. 50. Eine Aussage auf Gewerbe- und Industrieflächen ist pauschalisiert nicht möglich.
Die Stadtverordnung hat neue Hebesätze beschlossen, welche Auswirkungen hat das?
Im Rahmen der Haushaltsberatung für das Jahr 2025 wurde ein Haushaltsplan für das aktuelle Jahr erarbeitet und beschlossen. In diesem finden sämtliche Erträge und Aufwendungen Berücksichtigung. Zu meinem Amtsantritt im vergangenen Jahr klaffte zwischen diesen ein Fehlbedarf von über 7 Mio. €. Wir saßen in vielen Runden innerhalb der Verwaltung zusammen und haben sämtliche Kostenstellen auf den Kopf gestellt. Das Ergebnis der Arbeiten haben wir dann in mehreren Abstimmungen gemeinsam mit dem Magistrat und den Vertretern der Fraktionen besprochen. Am Ende wurde der Kompromiss erarbeitet den Hebesatz auf 555 v. H. anzupassen. In 2024 lag der Hebesatz bei 655 v. H., eine Einkommensneutralität der Grundsteuereinnahmen hätte - bedingt durch die Grundsteuerreform - bei rd. 380 % gelegen.
Was müssen Grundstücksbesitzer tun?
Im vergangenen Jahr haben Sie bereits eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes beim Finanzamt eingereicht (Elster). Die neuen Messbeträge sind Ihnen postalisch durch das Finanzamt zugegangen. Die Grundsteuerbescheide werden auf Basis dieser Daten erstellt und Ihnen zugesandt. Der Betrag der Grundsteuer berechnet sich aus Ihrem neuen, individuell berechnetem Messbetrag und dem beschlossenen Hebesatz.
Aber es gibt doch Klagen gegen die Grundsteuerreform und gegen einzelne neue Messbeträge?
Ja, das stimmt. Es laufen gleich mehrere Musterklagen bundesweit gegen die Grundsteuerreform. Gegen die Bescheide zur Festsetzung der Messbeträge liegen bereits über 250.000 Einsprüche allein in Hessen vor. Das entspricht einer Einspruchsquote von rd. 10 % (Quelle: Hessische Steuerverwaltung beginnt Versand von Einspruchsentscheidungen | finanzen.hessen.de). Dadurch kann die Ausgestaltung der Reform der Grundsteuer sicherlich noch Anpassungen erfahren. Sofern Gerichte Urteile gegen die Reform beschließen werden, so ändert sich lediglich die Verteilung der einzelnen Messbeträge. Ob es in Zukunft gelingen wird ein deutlich gerechter verteiltes Systems der Grundsteuer zu validieren, halte ich für schwierig und frage mich gleichzeitig, ob es überhaupt ein gerechtes/faires Modell geben kann.
Wo finde ich weitere Informationen?
Weitere Informationen zur Grundsteuer finden sich auf der Homepage des Landes Hessen:
Die Grundsteuerreform in Hessen | Ihr digitales Finanzamt Hessen
Ihren Messbetrag der Grundsteuer haben Sie postalisch durch das Finanzamt übermittelt bekommen. Diese Messbeträge wurden auch an die Stadt zur Erstellung der Grundbesitzabgabenbescheide übermittelt. Die Stadt erstellt diese Bescheide und wird Ihnen diese postalisch übermitteln. Neben dem Objekt finden Sie auf dem Bescheid auch nochmal den Messbetrag, den Hebesatz und die Jahressteuer der Grundsteuer. Ebenso ergehen mit gleichem Schreiben auch die Festsetzungen für die Müllabfuhrgebühren. Die Fälligkeiten der Beträge sind auf vier Termine aufgeteilt, jeweils zum 15. der Monate Februar, Mai, August und November.