Es ist Wochenende, doch in der Rottendorfer Grundschule herrscht wuseliger Hochbetrieb. Aber längst nicht nur Kinder finden sich ein, sondern auch zahlreiche Erwachsene nähern sich erwartungsvoll. Die Steuerungsgruppe Fair Trade Town hatte eingeladen zu FairSüßen, um über Kakaoanbau zu informieren. In Kooperation mit der Fair Trade School Rottendorf hatte man so einiges auf die Beine gestellt!
Äußerst prekäre Arbeitsbedingungen
In einer kurzen Begrüßung wurde ausgeführt, weshalb man diese Veranstaltung ins Leben gerufen hatte. Für den Kakaoanbau werden in der konventionellen Bewirtschaftung nicht nur Wälder gerodet, sondern vor allem überwiegend Kinder als Arbeiter eingesetzt. Gerade in Côte d’Ivoire, dem größten Kakaolieferanten weltweit, wo meist Kleinbauern als Akteure auftreten, kann sich bei den aktuellen Weltmarktpreisen praktisch keiner leisten, erwachsene Arbeiter einzustellen.
So arbeiten denn vor allem während der Ernte die eigenen Kinder zwangsläufig mit. Es werden jedoch auch Kinder gekauft. Ja, gekauft. Über die Grenze gelangen sie als steter Strom, um nicht aufzufallen, einzeln. Manche wurden einfach auf der Straße von modernen Sklavenhändlern mitgenommen. Die Arbeit in den Obstgärten ist hart und Schulunterricht entfällt gänzlich. Diese Ausbeutung muss nach Ansicht der Steuerungsgruppe ein Ende haben.
Politische Auswirkungen
Die derzeit flammende Diskussion um Migrantenströme würde verebben, wenn die Menschen in ihren Heimatländern ein solides Auskommen hätten, von dem sie und ihre Familien anständig leben können. Dann käme niemand auf die Idee auszuwandern. Ordentliche Bezahlung der Kakaobauern hieße für uns bei weitem nicht unbezahlbare Schokolade! Würde jedoch andere, deutlich höhere Kosten einsparen. Vielleicht stellen wir gerade die falschen Fragen?
Klar wird jedenfalls, dass unser Geldbeutel große Macht besitzt. Wie wir einkaufen, wirkt unmittelbar darauf, wie sich die Weltwirtschaft entwickelt. Aber auch auf die Migrantenströme nehmen wir über unser Konsumverhalten direkten Einfluss. Hier können wir Verantwortung übernehmen und unmittelbar politisch arbeiten!
Das Naschkatzenfest nimmt Fahrt auf
Weiter ging’s mit einem Schulfilm, der sich mit dem Anbau der begehrten Frucht beschäftigt. Leider hängte das Internet sich auf, was so ein bisschen an die längst vergangene eigene Schulzeit erinnert hat, wenn Lehrkräfte mit dem Filmprojektor um nahtlose Wiedergabe gerungen haben. Dann also eher in die Workshops…
Da war viel geboten. In der Aula konnte man fair gehandelte Schokoladentafeln erwerben und mit einer selbst gestalteten Banderole verzieren, wovon reichlich Gebrauch gemacht wurde. Ebenfalls in der Aula gab es allerlei Spiele rund um den Kakao, seinen Anbau, seine Verbreitung, seine Verarbeitung und mehr. Und kompetente Anleitung dazu. Wer die leisen Töne liebt, konnte sich im Raum der Stille mit der eigenen Schokoladenseite auseinandersetzen.
Liebe geht durch den Magen, Politik auch
Den größten Zuspruch erfuhren jedoch die kulinarischen Angebote. Eifrige Helfer, meist Kinderarbeit ;-) setzten mit Löffeln Häufchen auf Backbleche. Gemeinsam war allen eine flüssige Schokoladenmasse aus fair gehandelten Zutaten (Kakao, Zucker), aber es gab drei Varianten von „Füllungen“: Cornflakes, Popquins oder Bananenchips, die beiden letzteren auch aus fairem Anbau. Am Ende der Veranstaltung waren sie auch soweit gekühlt und damit ausgehärtet, dass sie kleine und große Leckermäulchen beim Naschen schokoladenbraun färben konnten.
Und dann gab es da noch die heiße Schokolade! Die Mikrowelle befand sich im Dauereinsatz, während sich Warteschlangen vor der Ausgabe bildeten. In die heiße Milch wurde eigens dafür angefertigte Schokolade aus dem hiesigen Weltladen gerührt. Auf den Oberlippen bildeten sich verräterische Schnurrbärte, während man über die verschiedenen Geschmacksrichtungen diskutierte.
Auch mit dem Weltladen wurde eng zusammengearbeitet. Deren breites Angebot rund um Schokoladiges wurde zum Verkauf angeboten. Viele Besucher nutzten die Gelegenheit, sich mit fairen Köstlichkeiten einzudecken. Für dunkle Kaminabende genau die richtige Ausstattung! Wer es versäumt hat, kann es zu den bekannten Öffnungszeiten des Weltladens nachholen.
Fulminanter Ausklang
Allmählich flaute der Ansturm ab, aber da war es auch schon Zeit für den nächsten Programmpunkt. Hier ging es dann wieder ruhiger zu, man wurde still und lauschte den vorgelesenen Worten. Diese waren einem Jugendbuch entnommen, in dem Issa seinen Bruder von einer Kakaofarm retten will, sich dazu jedoch erstmal selbst verkauft. Aus Berlin trifft Manal dazu, die nach der Schule reisen will und mit ihren afrikanischen Wurzeln, konkret bei ihrem Onkel, beginnt. Ein dickes Leseabenteuer zum Mitfiebern!
Doch dann war es auch schon Zeit für den krönenden Abschluss. Kinder aus dem Ethikkurs für dritte und vierte Klassen sangen und tanzten ein Schokoladenlied. Ihre Lehrkräfte tanzten mit bzw. untermalten am Cachon. Dabei wurden sie sehr professionell begleitet von Valentin Styppa am Klavier, der heuer gar nicht mehr in Rottendorf zur Schule geht.
Ganz großer Dank allen engagierten Akteuren! Ohne den ehrenamtlichen Einsatz vieler hätte die Steuerungsgruppe das sicher nicht gestemmt. Auch Dank an die Bücherei im Wasserschloss, die einen Büchertisch passend zum Thema zusammengestellt hat.
Das Buch: Peer Martin „Blut und Schokolade“
Das Rezept:250 g geschmolzenes Kokosfett
250 g (Puder-)Zucker
100 g Kakao
1 Vanillezucker
2 EL löslicher Kaffee
Alles gut vermischen, dann die „Innereien“ (Cornflakes, Popquins o.ä.) dazugeben.